Veröffentlicht am März 18, 2024

Der Schlüssel zur Stressbewältigung in der Stadt liegt nicht in langen Urlauben, sondern in der gezielten, täglichen Nutzung nahegelegener Grünflächen.

  • Wissenschaftlich belegt: Schon kurze Naturaufenthalte senken messbar das Stresshormon Cortisol.
  • Nicht jede Grünfläche ist gleich: Die Wahl zwischen Park, Hofgarten oder Uferweg beeinflusst die Erholungsqualität.
  • Digitale Ablenkung, insbesondere das Smartphone, neutralisiert die positiven Effekte einer Grünpause fast vollständig.

Empfehlung: Beginnen Sie noch heute damit, Ihre persönlichen Mikro-Oasen systematisch zu kartieren und kurze Grünpausen wie feste Termine in Ihren Kalender einzutragen.

Der Druck des modernen Stadtlebens lastet schwer auf vielen Leipzigern. Zwischen beruflichen Deadlines, familiären Verpflichtungen und dem ständigen Informationsfluss fühlen sich hochbelastete Berufstätige, Eltern und Studierende oft chronisch gestresst. Der gängige Rat lautet dann meist: „Geh doch mal raus in die Natur.“ Doch was, wenn für den ausgedehnten Ausflug ins Leipziger Neuseenland schlicht die Zeit fehlt? Die meisten Versuche, eine kurze Pause im Grünen einzulegen, bleiben sporadisch und verfehlen ihre Wirkung, weil sie nicht gezielt eingesetzt werden.

Die Lösung liegt nicht darin, auf den nächsten Urlaub zu warten, sondern darin, die vorhandene grüne Infrastruktur Leipzigs als ein System von Mikro-Oasen zu begreifen, das jederzeit zugänglich ist. Doch was, wenn der wahre Schlüssel zur Erholung nicht die Dauer, sondern die Qualität und Regelmäßigkeit dieser kurzen Auszeiten ist? Dieser Ansatz verwandelt den gut gemeinten Ratschlag in eine umsetzbare Strategie zur täglichen Stressbewältigung. Es geht darum, die physiologische Resonanz zwischen Mensch und Natur zu verstehen und für sich zu nutzen.

Dieser Artikel ist Ihr praktischer Wegweiser, um genau das zu erreichen. Wir entschlüsseln, warum bereits wenige Minuten im Stadtgrün eine messbare Wirkung haben und wie Sie in Ihrer direkten Nachbarschaft die perfekten Rückzugsorte finden. Sie lernen, welche Art von Grünfläche für welche Pause geeignet ist, warum Ihr Smartphone der größte Feind Ihrer Erholung ist und wie Sie Leipzigs einzigartigen Auwald gezielt für Ihre psychische Regeneration einsetzen können. Machen Sie sich bereit, Ihre Stadt mit neuen Augen zu sehen und Ihre täglichen Routinen in kraftvolle Erholungsmomente zu verwandeln.

Der folgende Leitfaden bietet Ihnen eine strukturierte Übersicht und praktische Anleitungen, um die grünen Ressourcen Leipzigs systematisch für Ihr Wohlbefinden zu nutzen. Jeder Abschnitt liefert konkrete Antworten und sofort umsetzbare Tipps.

Warum reichen bereits 15 Minuten im Stadtgrün, um Herzfrequenz messbar zu senken?

Die Vorstellung, dass nur ein langer Urlaub oder ein ganzer Tag im Wald Stress abbauen kann, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Die moderne Stadtökologie und Umweltpsychologie liefern beeindruckende Belege für die Effektivität von Mikro-Pausen. Der entscheidende Mechanismus ist die schnelle Reaktion unseres Körpers auf natürliche Umgebungen. Schon der Anblick von Grün, das Hören von Vogelgezwitscher oder das Spüren von Wind auf der Haut löst eine Kaskade positiver physiologischer Reaktionen aus. Dieser Zustand, den man als physiologische Resonanz bezeichnen kann, ist der Kern der Erholung.

Das zentrale Element ist die Reduktion des Stresshormons Cortisol. Studien zeigen eindrücklich, dass bereits nach 20 bis 30 Minuten in der Natur der Cortisolspiegel im Speichel signifikant sinkt. Parallel dazu verlangsamt sich die Herzfrequenz, der Blutdruck normalisiert sich und die Aktivität des parasympathischen Nervensystems – zuständig für Ruhe und Regeneration – nimmt zu. Das Gehirn schaltet vom Modus der gerichteten Aufmerksamkeit, die wir für konzentriertes Arbeiten benötigen und die schnell ermüdet, in einen Zustand der „sanften Faszination“ um. Dieser Effekt tritt bereits nach wenigen Minuten ein und macht kurze Pausen so wirkungsvoll.

Der Grund für diese schnelle Wirkung liegt in unserer Evolutionsgeschichte. Jahrmillionen lang war die natürliche Umgebung unser Lebensraum. Unser Gehirn und unser Nervensystem sind darauf konditioniert, in einer grünen, lebendigen Umgebung zu entspannen, da sie Sicherheit und Ressourcen signalisiert. Eine betonlastige, laute Stadtumgebung hingegen wird unterbewusst als anspruchsvoll und potenziell bedrohlich eingestuft, was zu einer chronischen Grundanspannung führt. Eine 15-minütige Grünpause ist daher kein Luxus, sondern ein gezieltes Zurücksetzen des Nervensystems auf seinen evolutionär verankerten Ruhezustand.

Wie finden Sie in Ihrer Nachbarschaft die 3 nächsten grünen Rückzugsorte unter 5 Minuten Fußweg?

Die effektivste Grünpause ist die, die man auch tatsächlich macht. Die größte Hürde ist oft nicht der Mangel an Zeit, sondern die fehlende Kenntnis über sofort verfügbare Optionen. Leipzig verfügt über eine dichte grüne Infrastruktur, die weit über die bekannten großen Parks hinausgeht. Es gilt, diese systematisch für den eigenen Alltag zu erschließen. Der Schlüssel liegt darin, von der reaktiven Suche („Wo könnte ich jetzt hingehen?“) zu einer proaktiven Kartierung überzugehen. Erstellen Sie Ihre persönliche Landkarte der Erholung.

Anstatt nur an den Clara-Zetkin-Park oder den Rosental zu denken, zoomen Sie in Ihren Stadtteil. Viele kleine Oasen bleiben unentdeckt: begrünte Innenhöfe, ruhige Abschnitte auf Friedhöfen wie dem Leipziger Südfriedhof, der wie eine riesige Parkanlage konzipiert ist, oder die schmalen Grünstreifen entlang der Wasserwege. Gerade diese kleinen, unscheinbaren Orte sind oft ideal für eine 20-minütige Pause, da sie schnell erreichbar sind und keine lange „Anreise“ erfordern, die den Erholungseffekt zunichtemachen würde.

Luftaufnahme der grünen Korridore entlang des Karl-Heine-Kanals in Leipzig

Wie die Luftaufnahme des Karl-Heine-Kanals zeigt, durchziehen solche grünen Korridore die Stadt und bieten leicht zugängliche Wege für einen kurzen Spaziergang. Sie verbinden Stadtteile und schaffen wertvolle Lebensräume für Mensch und Natur. Die bewusste Wahrnehmung und Nutzung dieser Strukturen ist ein entscheidender Schritt zur Integration von Mikro-Pausen in den Alltag. Um diesen Prozess zu systematisieren, hilft ein konkreter Plan.

Ihr Aktionsplan: Persönliche Mikro-Oasen kartieren

  1. Kontaktpunkte definieren: Alle Orte auflisten, zwischen denen Sie täglich pendeln (z.B. Wohnung, Arbeit, Supermarkt, Kita).
  2. Bestand aufnehmen: Satellitenkarten (z.B. Google Maps) nutzen, um alle Grünflächen, Hinterhöfe, Friedhöfe und Uferwege im 500m-Radius dieser Routen zu markieren.
  3. Qualität prüfen: Die markierten Orte persönlich begehen. Sind sie ruhig? Gibt es Sitzgelegenheiten? Fühlen sie sich sicher an?
  4. Zugänglichkeit bewerten: Öffnungszeiten und freie Zugänglichkeit prüfen. Ist der Ort auch für eine 15-Minuten-Pause erreichbar?
  5. Routine integrieren: Die 3 besten Oasen auswählen und feste Pausenzeiten im Kalender blockieren, um die Nutzung zur Gewohnheit zu machen.

Großer Park oder kleiner Hofgarten: Was für 20-minütige Arbeitspausen?

Nicht jede Grünfläche ist für jede Art von Pause gleich gut geeignet. Die Entscheidung zwischen einem großen Stadtpark und einem kleinen, versteckten Hofgarten hängt maßgeblich vom Ziel und der verfügbaren Zeit Ihrer Pause ab. Für eine kurze, 20-minütige Unterbrechung des Arbeitsalltags ist der schnellst erreichbare Ort oft der beste. Ein großer Park wie der Clara-Zetkin-Park ist wunderbar für längere Aufenthalte, doch für eine kurze Pause kann allein der Weg zur nächsten ruhigen Bank bereits 5-7 Minuten in Anspruch nehmen, was die Netto-Erholungszeit drastisch reduziert. Hier sind kleinere, dezentrale Grünflächen klar im Vorteil.

Die Stadt Leipzig selbst unterscheidet in ihrer Planung verschiedene Parktypen, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Diese Unterscheidung hilft Ihnen, den richtigen Ort für Ihre Bedürfnisse auszuwählen, wie die Übersicht der Stadt Leipzig verdeutlicht. Für eine kurze, meditative Pause ohne viel Bewegung ist ein kleiner „Pocket-Park“ oder ein begrünter Hofgarten ideal. Für einen schnellen Spaziergang, um den Kopf freizubekommen, eignet sich ein Durchgangspark wie der Richard-Wagner-Hain.

Vergleich verschiedener Grünflächentypen für Arbeitspausen
Grünflächentyp Zeit bis zur Ruhe Ideal für Beispiel Leipzig
Großer Park 5-7 Minuten Bewegung, längere Pausen Clara-Zetkin-Park
Kleiner Hofgarten 0-2 Minuten Kurze Meditation Pocket-Parks
Verweilpark 2-3 Minuten Sitzen und Entspannen Palmengarten
Durchgangspark 0 Minuten Schneller Spaziergang Richard-Wagner-Hain

Die strategische Bedeutung dieser kleinen Flächen wird oft unterschätzt, wie auch die Wissenschaft bestätigt. Prof. Monika Egerer, Expertin für Urbane Produktive Ökosysteme an der TU München, betont diesen Punkt:

Große Parks sind wertvoll, aber zahlreiche kleine Grünflächen, begrünte Bauminseln, Vorgärten und Gemeinschaftsgärten in einem Quartier können zusammen enormen Einfluss haben.

– Prof. Monika Egerer, TUM – Urbane Produktive Ökosysteme

Für die schnelle Mittagspause zählt also vor allem die unmittelbare Erreichbarkeit. Ein weniger idyllischer, aber ruhiger Hinterhof in zwei Minuten Entfernung ist effektiver als der schönste Park, für den Sie zehn Minuten Fußweg benötigen.

Warum verfehlen 70% der Grünpausen ihre Wirkung, weil Menschen dabei ihr Handy nutzen?

Sie haben den perfekten kleinen Park gefunden und nehmen sich 20 Minuten Zeit – doch nach der Pause fühlen Sie sich kaum erholter. Der wahrscheinlichste Grund: Ihr Smartphone war Ihr Begleiter. Die ständige digitale Erreichbarkeit und der Drang, E-Mails zu checken oder durch soziale Medien zu scrollen, sabotieren den Erholungseffekt auf fundamentaler Ebene. Die positive Wirkung der Natur basiert auf der Entlastung unserer gerichteten Aufmerksamkeit. Das Smartphone hingegen fordert genau diese kognitive Ressource mit voller Wucht ein. Anstatt in den Zustand der „sanften Faszination“ zu gleiten, bleibt das Gehirn im Modus der permanenten Informationsverarbeitung.

Auch wenn die Zahl von 70% eine plakative Schätzung ist, illustriert sie ein reales Problem: Eine Grünpause mit Handy ist keine echte Pause. Sie tauschen lediglich den Bürobildschirm gegen einen kleineren Bildschirm in einer grünen Kulisse. Die physiologische Stressreaktion wird dadurch kaum unterbrochen. Die kognitive Entlastung, die für die psychische Regeneration so wichtig ist, findet nicht statt. Echte Erholung erfordert einen bewussten Bruch mit den digitalen Reizen. Es geht darum, die Sinne für die unmittelbare, reale Umgebung zu öffnen, anstatt sie auf ein leuchtendes Display zu fokussieren.

Schon kurze, aber ungestörte Aufenthalte im Grünen entfalten eine bemerkenswerte Wirkung. Es geht nicht um stundenlange Abwesenheit, sondern um die Qualität der Präsenz während der Pause. Um den vollen Nutzen aus Ihrer kostbaren Zeit zu ziehen, ist ein bewusster „Digital Detox“ unerlässlich. Hier sind einige einfache Strategien, um die Verbindung zur Natur wiederherzustellen und die zum Smartphone zu kappen:

  • Handy bewusst in der Tasche lassen: Aktivieren Sie den Flugmodus oder schalten Sie es ganz aus. Allein das Wissen, nicht erreichbar zu sein, reduziert die mentale Anspannung.
  • Achtsamkeitsübung praktizieren: Konzentrieren Sie sich voll auf Ihre Sinne. Versuchen Sie, fünf verschiedene Grüntöne im Park zu identifizieren oder die unterschiedlichen Texturen von Baumrinde zu spüren.
  • Naturgeräusche wahrnehmen: Hören Sie bewusst auf das Rauschen der Blätter, das Zwitschern der Vögel oder das Summen von Insekten, anstatt Musik oder Podcasts zu konsumieren.
  • Atemübungen durchführen: Setzen Sie sich auf eine Bank, schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich fünf Minuten lang nur auf Ihren Atem und die frische Luft.

Wann sollten Sie Ihre Grünpause einlegen: Morgens, mittags oder nachmittags?

Die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für eine Grünpause ist entscheidend, um die maximale Wirkung zu erzielen. Während jede Pause besser ist als keine, lassen sich die Effekte durch strategisches Timing verstärken. Die ideale Zeit hängt von Ihrem persönlichen Biorhythmus und Ihrem Arbeitsalltag ab, doch es gibt einige wissenschaftlich fundierte Empfehlungen. Eine bemerkenswerte Studie hat gezeigt, dass bereits zehnminütige Naturerlebnisse, dreimal pro Woche wiederholt, den Cortisolspiegel signifikant senken. Die Regelmäßigkeit ist also ebenso wichtig wie das Timing.

Die Morgenpause (vor der Arbeit): Eine kurze Runde im Grünen am Morgen, bevor der Arbeitsstress beginnt, kann den Grundpegel des Cortisols für den ganzen Tag positiv beeinflussen. Die kühle, frische Luft und das sanfte Morgenlicht helfen, das Gehirn zu aktivieren und die Stimmung zu heben. Ein solcher Start in den Tag kann die Resilienz gegenüber späterem Stress erhöhen. In Leipzig bieten sich dafür Parks wie der Johannapark an, die am frühen Morgen eine besondere Ruhe ausstrahlen.

Frühmorgendliche Stimmung im leeren Johannapark Leipzig mit Nebel und ersten Sonnenstrahlen

Die Mittagspause (zur Unterbrechung): Die Pause zur Mitte des Tages ist klassisch und extrem wirksam, um das Nachmittagstief zu verhindern. Anstatt am Schreibtisch zu essen, kann ein 20-minütiger Spaziergang im nahegelegenen Park die kognitive Leistungsfähigkeit für die zweite Tageshälfte wiederherstellen. Diese Pause unterbricht die Stressakkumulation und sorgt für eine Zäsur, die dem Gehirn eine dringend benötigte Erholung gönnt. Die Nachmittagspause (zur Regeneration): Wenn das Energieniveau am Nachmittag sinkt, neigen viele zu Kaffee oder Zucker. Eine kurze Grünpause ist eine weitaus nachhaltigere Alternative. Sie bekämpft nicht nur die Müdigkeit, sondern baut auch den bis dahin angesammelten Stress ab und erleichtert den Übergang in einen entspannten Feierabend.

Warum reduziert ein 2-Stunden-Waldaufenthalt Cortisol um 30% effektiver als Stadtparks?

Während jede Form von Naturkontakt vorteilhaft ist, gibt es eine klare Hierarchie in der Intensität der Erholungswirkung. Ein längerer Aufenthalt in einem echten Wald übertrifft die Wirkung eines Stadtparks bei weitem. Der Grund liegt in der Dichte und Komplexität der natürlichen Reize. Ein Wald bietet eine immersive 360-Grad-Erfahrung, die in einem Stadtpark nur selten erreicht wird. Die Luftqualität ist messbar besser und angereichert mit sogenannten Terpenen – pflanzlichen Botenstoffen, die von Bäumen wie Kiefern und Fichten abgegeben werden und nachweislich das Immunsystem stärken und Stress reduzieren.

Die visuelle Umgebung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Im Wald ist das Auge von fraktalen Mustern umgeben – den sich wiederholenden, aber nie identischen Strukturen von Ästen, Blättern und Farnen. Diese Muster sind für unser Gehirn besonders leicht zu verarbeiten und wirken zutiefst beruhigend. Die Geräuschkulisse ist rein organisch, frei von Verkehrslärm, was eine tiefere mentale Entspannung ermöglicht. Japanische Studien zum Thema „Shinrin-Yoku“ (Waldbaden) haben gezeigt, dass die Reduktion des Stresshormons Cortisol im Wald bis zu 30% effektiver sein kann als bei einem vergleichbaren Aufenthalt in einer städtischen Grünanlage. Dieser Effekt kann sogar noch Tage nach dem Waldbesuch nachwirken.

Für Leipziger bedeutet das: Während die Mikro-Oasen in der Stadt die tägliche Basis-Stressbewältigung sichern, ist ein gezielter, längerer Ausflug in den Leipziger Auwald eine Art „Intensivkur“ für das Nervensystem. Ein zweistündiger Spaziergang am Wochenende kann die Stresslevel so nachhaltig senken, dass die Resilienz für die kommende Arbeitswoche spürbar gestärkt wird. Es ist die Kombination aus täglichen kurzen Pausen und gelegentlichen längeren Waldaufenthalten, die eine robuste und nachhaltige Strategie zur psychischen Regeneration darstellt. Der Wald ist kein Ersatz für den Stadtpark, sondern dessen wirkungsvolle Ergänzung.

Warum bleiben Gruppen, die feste Park-Treffpunkte haben, 3x länger zusammen?

Grünpausen müssen keine solitäre Aktivität sein. Im Gegenteil, die Kombination aus Naturerlebnis und sozialem Kontakt kann die positiven Effekte potenzieren. Der Mensch ist ein soziales Wesen, und Isolation kann ein erheblicher Stressfaktor sein. Gemeinsame Aktivitäten im Grünen fördern nicht nur das individuelle Wohlbefinden, sondern stärken auch den sozialen Zusammenhalt. Die Frage ist, wie man solche Gruppentreffen nachhaltig etabliert. Die Antwort liegt in der Schaffung von räumlichen Routinen und sozialer Verbindlichkeit.

Die plakative Aussage, dass Gruppen „3x länger zusammenbleiben“, verweist auf ein grundlegendes Prinzip der Verhaltenspsychologie: Gewohnheiten und feste Strukturen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein gewünschtes Verhalten beibehalten wird. Eine Gruppe, die sich vage vornimmt, „sich mal im Park zu treffen“, wird dies wahrscheinlich nur wenige Male tun. Eine Gruppe, die jedoch einen festen Tag, eine feste Uhrzeit und einen markanten, leicht auffindbaren Treffpunkt (z.B. der Musikpavillon im Clara-Zetkin-Park) etabliert, schafft eine soziale Verpflichtung und senkt die organisatorische Hürde für jeden Einzelnen. Diese Struktur verwandelt eine lose Idee in ein festes Ritual.

Der feste Treffpunkt wirkt als Ankerpunkt und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit und Vorhersehbarkeit. Niemand muss nachfragen, niemand muss organisieren – die Routine trägt die Gruppe. Um solche Treffen in Leipzig erfolgreich zu gestalten, können folgende Schritte helfen:

  • Etablieren Sie einen festen Rhythmus: Wählen Sie einen festen Wochentag und eine Uhrzeit, die für die meisten passen (z.B. „jeden Mittwoch um 13:00 Uhr“).
  • Wählen Sie einen eindeutigen Treffpunkt: Ein markantes Objekt wie eine Statue, ein Pavillon oder ein bestimmter Brückenkopf ist besser als „am Eingang vom Park“.
  • Sorgen Sie für soziale Verbindlichkeit: Ein einfacher Gruppenchat, in dem man kurz seine Teilnahme bestätigt oder absagt, erhöht den gefühlten sozialen Vertrag.
  • Planen Sie abwechslungsreiche Routen: Auch wenn der Treffpunkt derselbe bleibt, können von dort aus verschiedene Wege erkundet werden, um die Neugier wachzuhalten.

Diese einfachen organisatorischen Maßnahmen sind der Schlüssel, um aus einer guten Absicht eine langlebige, gesundheitsfördernde soziale Gewohnheit zu machen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ihre persönliche Stressreaktion ist biologisch: Bereits 15-20 Minuten im Grünen senken messbar das Stresshormon Cortisol.
  • Die Wahl des Ortes ist strategisch: Nutzen Sie kleine, nahegelegene Parks für kurze Arbeitspausen und große Waldgebiete wie den Auwald für tiefere Regeneration.
  • Erholung braucht Fokus: Lassen Sie Ihr Smartphone in der Tasche, um die kognitive Entlastung nicht zu sabotieren und die Sinne für die Natur zu öffnen.

Wie können Gestresste und Erholungssuchende den Auwald gezielt für psychische Regeneration einsetzen?

Der Leipziger Auwald ist mehr als nur ein großer Stadtpark; er ist ein einzigartiges Ökosystem und ein unschätzbares Reservoir für psychische Regeneration. Um sein volles Potenzial auszuschöpfen, reicht ein zielloser Spaziergang oft nicht aus. Ein gezielterer Ansatz, inspiriert vom japanischen Shinrin-Yoku oder „Waldbaden“, kann die erholsame Wirkung maximieren. Shinrin-Yoku ist keine sportliche Betätigung, sondern die Kunst, mit allen Sinnen in die Atmosphäre des Waldes einzutauchen und eine bewusste Verbindung zur Natur herzustellen.

Der erste Schritt besteht darin, das Tempo radikal zu drosseln. Gehen Sie langsam, fast ziellos, und lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit schweifen. Anstatt auf den Weg zu schauen, heben Sie den Blick und betrachten Sie das Blätterdach, die unterschiedlichen Grüntöne und das Spiel von Licht und Schatten. Setzen Sie sich auf eine Bank oder einen Baumstumpf und schließen Sie für einige Minuten die Augen. Konzentrieren Sie sich auf die Geräusche: das Rascheln der Blätter, das Knacken von Ästen, den Gesang entfernter Vögel. Atmen Sie tief die feuchte, saubere Waldluft ein, die reich an Terpenen ist.

Makroaufnahme von Moos und Wassertropfen am Bachlauf im Leipziger Auwald

Ein weiterer zentraler Aspekt des Shinrin-Yoku ist der Fokus auf die Mikrowelt des Waldes. Betrachten Sie die winzigen Details, die man bei einem schnellen Spaziergang übersieht: die filigrane Struktur eines Moospolsters, die Wassertropfen auf einem Blatt, die Muster der Rinde. Diese Übung der fokussierten Achtsamkeit holt den Geist aus den endlosen Gedankenschleifen des Alltags und verankert ihn im Hier und Jetzt. Es ist diese tiefe, sinnliche Verbindung, die den „Auwald-Effekt“ ausmacht und eine tiefgreifende psychische Regeneration bewirkt, die weit über die einer einfachen Pause hinausgeht.

Diese Techniken verwandeln einen einfachen Waldspaziergang in eine tiefgreifende regenerative Praxis. Die gezielte Anwendung der Prinzipien des Waldbadens im Auwald ist die höchste Stufe der urbanen Naturerholung.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre persönliche grüne Infrastruktur zu erschließen. Nutzen Sie die vorgestellten Methoden, um Ihre Mikro-Oasen zu finden, Ihre Pausen bewusst zu gestalten und die einzigartigen Ressourcen Leipzigs für Ihre psychische Gesundheit zu aktivieren.

Geschrieben von Anna Schneider, Anna Schneider ist Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen mit 16 Jahren Erfahrung im deutschen Gesundheitssystem. Sie arbeitet als Leiterin einer Beratungsstelle für Prävention und Gesundheitsförderung in Leipzig und ist Dozentin für Gesundheitsmanagement an der Universität Leipzig.